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Markus Offline



Beiträge: 691

13.11.2010 15:56
Niebaum: "Für den Verein war es besser so" Antworten

Dr. Gerd Niebaum war 18 Jahre lang Präsident von Borussia Dortmund. In seiner Amtszeit machte er den BVB zur besten Vereinsmannschaft der Welt, führte den Verein allerdings auch beinahe in den Ruin. Niebaum spricht vor dem EL-Auftritt des BVB gegen Paris Saint-Germain (18.45 Uhr im LIVE-TICKER) über die Gründe für die Dortmunder Finanzkrise und persönliche Anfeindungen und erklärt, wie die 50+1-Regelung erfunden wurde.

SPOX: Herr Niebaum, Sie haben 1984 als Vizepräsident zusammen mit Reinhard Rauball einen sogenannten Notvorstand bei Borussia Dortmund gebildet. Wie sind Sie als Anwalt überhaupt zu diesem Amt gekommen?

Dr. Gerd Niebaum: Der Verein befand sich damals in einer Krise. 1984 trat der Vorstand zurück, so dass vom Amtsgericht ein Notvorstand gebildet werden musste. Rauball hat mich angesprochen und gefragt, ob ich in diesen Notvorstand eintreten möchte, da ich auch aus beruflicher Sicht die notwendigen Voraussetzungen mitbrachte. Ich wollte eigentlich gar nicht, aber er hat mich überredet. Er meinte, es wäre doch nur für drei Wochen und man müsse nur kurz in die Bücher gucken. Aus diesen drei Wochen wurden zwei Jahre. Als Rauball 1986 zurücktrat, wollte ich das auch tun, da wir gemeinsam angefangen haben und ich der Meinung war, dass man auch gemeinsam aufhören sollte.
Das ist Dr. Gerd Niebaum

* 23. Oktober 1948 in Lünen-Brambauer

Präsident von Borussia Dortmund vom 29. Juni 1986 bis zum 16. Oktober 2004
Erfolge unter Niebaums Führung:

* DFB-Pokal-Sieg 1989

* Deutscher Meister 1995

* Deutscher Meister 1996

* Deutscher Meister 2002

* Champions-League-Sieger 1997

* Weltpokalsieger 1997

Wahl zum "Bürger des Ruhrgebiets" des Vereins "pro Ruhrgebiet" 1996

SPOX: Wieso haben Sie dann letztlich als Präsident weitergemacht?

Niebaum: Weil es keinen anderen gab. (lacht) Der Verein war weiterhin nicht auf Rosen gebettet und spielte in der Relegation. Die Mannschaft galt als nicht unbedingt wettbewerbsfähig. Man hat sich damals nicht darum gerissen, Präsident des BVB zu werden. Letztlich habe ich gesagt, nun gut, wenn es keinen anderen gibt, dann mache ich es halt. Dabei war für mich mit entscheidend, dass ich mit Ernst Breer als Vizepräsident einen langjährigen Freund gewinnen konnte, im Präsidium an meiner Seite mitzuwirken.

SPOX: Während Ihrer Amtszeit hat sich der Klub zu einem der besten Vereine in Europa entwickelt. Plötzlich konnte man ganz andere Summen in die Hand nehmen.

Niebaum: Dazu muss ich von ganz vorne anfangen: Ich habe die erfolgreiche Zeit der Borussia in den 1950er und 1960er Jahren als Kind und Jugendlicher hautnah miterlebt. Diese Zeit war geprägt durch drei deutsche Meisterschaften, einen DFB-Pokalsieg und einen Europapokalsieg. 1988 habe ich bei einer Hauptversammlung gesagt, dass es uns gelingen müsste, an diese erfolgreiche Zeit anzuknüpfen und den "Mythos Borussia" wieder voll zur Geltung zu bringen, indem man sich anspruchsvolle Ziele setzt. Am Ende meiner Amtszeit standen dann ebenfalls drei deutsche Meisterschaften, ein DFB-Pokalsieg und ein Europapokalsieg. Das war eine frappierende Wiederholung der Ereignisse. Natürlich hätte ich nicht im Traum damit gerechnet.

SPOX: Was war aus Ihrer Sicht der Hauptgrund für den Erfolg?

Niebaum: Einer der Schlüssel war, endlich Kontinuität auf der Trainerposition zu bekommen. Früher war die Verweildauer eines Dortmund-Trainers kaum länger als eine Saison. Ottmar Hitzfeld war sechs Jahre tätig. Die gesamte Erfolgsgeschichte ist zudem in Etappen zu sehen. Als wir 1989 den Pokal gewonnen haben, waren noch nicht die ganz großen Summen im Spiel. Wir haben zwar den 19-jährigen Andreas Möller für zwei Millionen Mark geholt, das war damals eine ordentliche Stange Geld. Die Rückholaktion der "Italiener" wie Karl-Heinz Riedle, Matthias Sammer, Stefan Reuter oder Jürgen Kohler gelang dank des spektakulären UEFA-Cup-Jahres 1993, wo wir leidenschaftlich bis ins Pokalendspiel gegen Juventus Turin stürmten. Da haben wir den gesamten Fernsehtopf leer gemacht und dieses Geld in sportliche Substanz reinvestiert. Dadurch wurde der Grundstein für die folgenden zwei Meisterschaften und den Gewinn der Champions League gelegt.

SPOX: Waren das für Sie die Highlights Ihrer Präsidentenkarriere?

Niebaum: Nein, das war eindeutig der DFB-Pokalsieg 1989. Der BVB hatte 23 Jahre lang keinen Titel mehr geholt. Die Fans hatten eine unglaubliche Sehnsucht nach Erfolgen. 40.000 Borussen waren damals bei strahlendem Wetter in Berlin. Wir waren krasser Außenseiter gegen Werder Bremen, lagen 0:1 in Rückstand und haben 4:1 gewonnen. Das war ein Sieg der Emotionalität und Leidenschaft. Damals war im Verein alles etwas kleiner dimensioniert. Ich weiß beispielsweise noch, wie wir am Kurfürstendamm mit unseren Fans gefrühstückt haben.
Borussia Dortmund: 100 Jahre Blut, Schweiß & Tränen
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Am 19.12 1909 wurde Borussia Dortmund im Hinterzimmer des Lokals "Zum Wildschütz" in der Dortmunder Nordstadt gegründet. Sportliche Heimat war das Stadion Rote Erde
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SPOX: Gut 15 Jahre später waren die Fans nicht mehr so gut auf Sie zu sprechen. Zu welchem Zeitpunkt war Ihnen denn klar, dass der BVB in enorme finanzielle Schwierigkeiten geraten ist?

Niebaum: Ich möchte da gar nicht mehr großartig ins Detail gehen. Das Thema ist für mich abgeschlossen. Aus heutiger Sicht und mit dem nötigen Abstand möchte ich aber betonen, dass sicher Fehler gemacht wurden, wir aber auch einen enormen Kraftakt zu bewerkstelligen hatten. Wir waren damals in der Bundesliga führend und durch den Gewinn der Champions League zum Erfolg verurteilt. Wir mussten eine starke und wettbewerbsfähige Mannschaft unterhalten, alles andere nimmt man ihnen auch nicht ab. Wenn wir plötzlich gesagt hätten, dass wir nur einen Mittelfeldplatz anstreben, hätte man uns diese Zielsetzung absolut verübelt. Das wäre schlicht und einfach nicht gegangen.

SPOX: Das große Geld wurde aber meist in ältere als jüngere Spieler gesteckt.

Niebaum: Auch Anfang des Jahrtausends war es noch so, dass man erfahrene, gestandene Spieler brauchte. Wir hatten, was den Etat angeht, eine anspruchsvolle Mannschaft zu unterhalten. Zudem haben wir entschieden, dass wir ohne öffentliche Zuschüsse von Land, Bund und Kommune das Stadion aufstocken, was einem Neubau glich. Dazu haben wir 180 Millionen Euro in die Hand genommen. Das ist ein Kraftakt, der in der Rückschau sehr groß war und unter dem wir gelitten haben.

SPOX: Was schlussfolgern Sie heute daraus?

Niebaum: Hätten wir das Stadion nicht aus eigener Kraft umgebaut, wären wir nicht in diese Schwierigkeiten geraten. Das ist meine feste Überzeugung. Was man aber auch sehen muss: Der Ausbau des Stadions und die Finanzkrise sind insgesamt geschultert worden. Es hat hierzu erhebliche Kraftakte von zahlreichen Personen bedurft. Auch ist den Fans, was ich persönlich sehr bedauere, am Ende eine Leidenszeit zugemutet worden. Immerhin aber hat sich der Verein am Ende behauptet. Das Stadion, das manche für das schönste in Europa halten, steht und die Mannschaft ist wieder wettbewerbsfähig.

SPOX: Sie sagten einmal, dass Sie den Leuten früher hätten sagen sollen, dass der Verein in einer schwierigen Lage ist. Was würden Sie generell in Ihrer Amtszeit anders machen, wenn Sie noch einmal die Chance dazu hätten?

Niebaum: Ich habe immer versucht, das Beste für den Verein zu geben. Im Nachhinein habe ich mir oft die Frage gestellt, ob es überhaupt richtig war, das Stadion ohne öffentliche Zuschüsse als Verein selbst auszubauen. Wenn wir das nicht getan hätten, hätte möglicherweise zur Weltmeisterschaft 2006 die Kommune einen solchen Kraftakt getätigt, und die öffentliche Hand hätte den Bau an unserer Stelle gestemmt. Aber es ist nun einmal so gelaufen. Wenn man es per Saldo sieht, war der Ausbau des Stadions richtig.

SPOX: Der Verein ist unter Ihrer Führung zudem an die Börse gegangen. Wie erklären Sie sich, dass bisher noch kein anderer deutscher Verein diesem Beispiel gefolgt ist?

Niebaum: Das liegt ganz einfach daran, dass die Erfahrungen nicht positiv waren.
Dr. Gerd Niebaum Borussia Dortmund Präsident Börsengang Finanzkrise

SPOX: Konnte man das nicht schon vorher absehen?

Niebaum: Ein Fußballverein an der Börse hat immer etwas Experimentelles. Wenn man dann - wie wir im Jahre 2001 - in ein solch raues Börsenklima kommt, ist es natürlich auch nicht gut für den Aktienkurs eines Börsenneulings. Außerdem ist es auch eine gänzlich ungewohnte Erfahrung, dass sich ein Fußballverein den Analysten und Finanzmärkten stellen muss.

SPOX: Mal ganz einfach gefragt: Was war überhaupt der Hauptgedanke hinter diesem Projekt?

Niebaum: Wir wollten unsere Stellung, die wir in den 1990er Jahren erworben hatten, durch den Börsengang festigen. Damals gab es positive Beispiele in England. Allgemein wurde gesagt, dass endlich auch ein deutscher Verein den Sprung an die Börse wagen sollte. Bayern München hatte, soweit ich weiß, eine zeitlang ebenfalls den Plan, an die Börse zu gehen. Uns wurde von allen Seiten gesagt, dass wir als bundesweit beliebter Traditionsverein alle Voraussetzungen für einen Börsengang mitbringen. Dann haben wir es eben versucht. Ein solches Konstrukt hat immer Vor- und Nachteile.

Markus Offline



Beiträge: 691

20.11.2010 16:36
#2 Sven Bender: "Meine Zeit wird noch kommen" Antworten

Shinji Kagawa, Mario Götze und Nuri Sahin sorgen für die Schlagzeilen, doch still und leise hat sich der nächste Jungstar unentbehrlich gemacht: Sven Bender (21) über seine DFB-Ambitionen und Klopps Kultvideo.

SPOX: Nach Ihrer nahezu fehlerfreien Leistung beim 2:0 gegen Hamburg wurden Sie von SPOX zum Star des Spiels gekürt. Zu Recht?

Sven Bender: Es ist schwierig, seine eigene Leistung zu bewerten. Mich hat es natürlich gefreut, dass ich zum Beispiel das 1:0 von Shinji Kagawa durch einen guten Pass nach vorne ermöglicht habe. Letztendlich habe ich mich aber vor allem darauf konzentriert, Defensiv-Aufgaben zu erfüllen und immer an den Gefahrenherden präsent zu sein. Meine Hauptaufgabe ist es nun mal, mich an allen Brennpunkten zu zeigen. Das ist mir ganz ordentlich gelungen - nicht mehr und nicht weniger.
Wer ist der beste Sechser?
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Nuri Sahin
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Pirmin Schwegler
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Arturo Vidal

SPOX: Nach einer schwächeren ersten Hälfe dominierte der BVB nach der Pause das selbst ernannte Spitzenteam Hamburg. Was ist passiert?

Bender: In der Halbzeit wurde angesprochen, dass wir uns schwer getan haben, obwohl wir sehr viel Ballbesitz hatten. Hamburg trat sehr diszipliniert auf und stand hinten kompakt. Die 1:0-Führung fiel deswegen zum genau richtigen Zeitpunkt. Der HSV machte ein bisschen auf, unsere Angriffe wurden zielstrebiger und nach dem genialen 2:0 war es gelaufen.

SPOX: Sind Sie selbst überrascht über den Klassenunterschied in der zweiten Halbzeit?

Bender: Sagen wir es so: Der Sieg ist umso schöner, wenn man weiß, dass Hamburg zu den Top-Teams der Bundesliga gehört.

SPOX: Gegen Hamburg fiel auf, dass Sie anders als zu Saisonbeginn häufiger auf einer Linie mit Nuri Sahin gestanden haben und bemüht waren, nach vorne Akzente zu setzen. Stimmt der Eindruck?

Bender: Prinzipiell ist es nach wie vor so, dass Nuri der Ideengeber sein soll und ich ihm dafür den Rücken freihalte. Aber eine Doppel-Sechs muss so ausgelegt sein, dass sich nicht nur einer von den beiden nach vorne einschaltet, sonst wird es für den Gegner zu vorhersehbar. Deswegen muss ein Wechselspiel stattfinden - und das ist uns gegen Hamburg gut gelungen.

SPOX-Ranking: Sahin vor Vidal - Das sind die besten Sechser der bisherigen Saison

SPOX: Haben Sie zu Sahin ein spezielles Verhältnis?

Bender: Ja. Wir zwei wissen, was wir aneinander haben und bedanken uns auch gegenseitig ausdrücklich nach einem Spiel. Dass wir uns außerdem privat sehr gut verstehen, hilft natürlich. (lacht)

SPOX: Zuletzt erklärte Torwart Roman Weidenfeller, dass die Rückkehr des verletzten Sebastian Kehl ein entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Saison sein könnte. Sehen Sie das ähnlich?

Bender: Zurzeit stimmt bei uns die Mischung zwischen erfahrenen und jüngeren Spielern. Das zeigt sich in unserer enormen Ruhe am Ball. Aber es werden im Laufe des Jahres mit Sicherheit Situationen auf uns zukommen, in denen uns ein Spieler wie Sebastian sehr weiterhelfen wird, weil er schon so viel erlebt hat.
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SPOX: Auch wenn Sie dadurch womöglich den Stammplatz verlieren würden?

Bender: Gesunder Konkurrenzkampf ist ganz normal und treibt seine eigenen Leistungen voran. Von daher: alles in Ordnung. (lacht)

SPOX: In Dortmunds Mittelfeld laufen mittlerweile nur noch Spieler auf, die in die A-Nationalmannschaft berufen wurden - nur Sie warten auf eine Nominierung. Werden Sie bereits ungeduldig?

Bender: Ich bin relativ relaxt. Ich freue mich für die Jungs, die zuletzt von Jogi Löw berufen wurden. Es ist ja auch eine Auszeichnung für die gesamte Mannschaft. Was meine Zukunft anbelangt: Ich bleibe ruhig und ich bin mir sicher, dass alles mit der Zeit noch kommen wird.

SPOX: Letzte Saison klagte Dortmund darüber, dass dem Verein die Lobby fehlen würde. Hat sich das grundlegend verändert?

Bender: So dramatisch habe ich das im Vorjahr nicht gesehen. Wir haben schon vor dieser Saison gute Spiele gezeigt und Spitzenmannschaften geschlagen, aber Respekt muss man sich eben erarbeiten. Und das haben wir getan.

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SPOX: Endet Dortmunds Höhenflug mit der Meisterschaft?

Bender: Es ist doch im Vergleich zu vorher nicht viel passiert. Wir haben ein Spiel mehr absolviert und dieses gewonnen. Sonst hat sich nichts getan, von daher hänge ich den Sieg gegen Hamburg nicht zu hoch auf.

SPOX: Hat es im Verlauf der Woche geholfen, dass Jürgen Klopp mit seinem amüsanten Interview über die vermeintliche Krise des BVB die Aufmerksamkeit auf sich zog?

Bender: Ich habe den Clip ehrlich gesagt noch gar nicht gesehen. Mir wurde nur davon erzählt. Aber so ist eben unser Trainer und es immer wieder schön zu verfolgen, wie er trotz all der Aufregung so bleibt, wie er ist.

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